FOSSIL – kleine Mikrokerne, große Leistung
Ein Interview über die Ergebnisse und Erkenntnisse des Projektes FOSSIL
Das FOSSIL-Projekt ist abgeschlossen. Über mehrere Jahre haben Forschende am Barkhausen Institut untersucht, wie Mikrokern-basierte Betriebssysteme für moderne Computersysteme entwickelt werden können.
Im Abschlussinterview spricht BI-Forscher Till Miemietz aus der Forschungsgruppe Composable Operating Systems über die zentralen Erkenntnisse des Projekts, deren Bedeutung für digitale Infrastrukturen und die Einflüsse auf seine eigene Forschung.

Was waren die wichtigsten wissenschaftlichen Ziele des Projekts?
Ursprünglich ging es im FOSSIL-Projekt hauptsächlich um die Integration neuer Speichertechnologien, wie etwa nichtflüchtigem Hauptspeicher, in ein Mikrokernbetriebssystem. Im Projektverlauf verschob sich der Fokus in Richtung der Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Skalierbarkeit von Mikrokernbetriebssystemen auf Serversystemen.
Welche Ergebnisse/Erkenntnisse sind aus dem Projekt hervorgegangen?
Wir konnten zeigen, dass sich Mikrokernbetriebssysteme – entgegen weit verbreiteter Vorurteile – durchaus für den Einsatz auf großen Systemen eignen. Im Rahmen von FOSSIL wurde beispielsweise demonstriert, wie man ein Mikrokernbetriebssystem wie L4Re dazu nutzen kann, Container zu implementieren. Container sind im Cloud-Umfeld häufig genutzter Mechanismus zum Schutz von Anwendungen und deren Daten.
Dazu wurden einerseits die besonderen Sicherheitseigenschaften von L4Re genutzt. Andererseits haben wir im Laufe von FOSSIL eine Vielzahl von Änderungen an L4Re vorgenommen, die dessen Leistung auf großen Computersystemen verbessern. Leistungsvergleiche belegen, dass die modifizierte Version von L4Re in praxisrelevanten Anwendungsfällen ein ähnliches Leistungsniveau von Standardlösungen wie Linux erreichen kann, dabei aber deutlich verbesserte Sicherheitseigenschaften bietet.
Was passiert mit den Forschungsergebnissen?
Die Forschungsergebnisse werden gemeinfrei zur Verfügung gestellt. Änderungen an den grundlegenden Komponenten von L4Re fließen, in Abstimmung mit den Verantwortlichen, direkt in die entsprechenden Projekte zurück und finden so Eingang in industrielle Anwendungsfälle.
Können sie als Open Source von der Wissenschaftsgemeinschaft eingesehen werden?
Ja, die Ergebnisse werden auf öffentlichen Git-Plattformen wie GitHub zur Verfügung gestellt.
Wie profitieren Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen oder andere Institutionen von den Projektergebnissen?
Betriebssysteme wie L4Re sind die Grundlage vertrauenswürdiger digitaler Infrastruktur. In einer digitalisierten Welt bedeutet die Kontrolle über Betriebssysteme letztlich auch Kontrolle über kritische Systeme wie die Energie- und Wasserversorgung oder die Telekommunikationsinfrastruktur.
Leider sind heute verwendete Betriebssysteme architekturbedingt oft anfällig für Angriffe. Zudem stehen sie, ebenso wie ihr Entwicklungsprozess, häufig unter der Kontrolle ausländischer Akteure, was ihre Nutzung in sicherheitskritischen Anwendungen fragwürdig erscheinen lässt.
L4Re bietet durch seine Mikrokernarchitektur einen deutlich verbesserten Schutz vor Angriffen und ist ein echtes ‚Made in Germany‘-Betriebssystem, das unter deutscher Kontrolle entwickelt wird. Mit unserer Forschung am BI ebnen wir den Weg für den Einsatz von Mikrokernbetriebssystemen in immer mehr Anwendungsgebiete. Das erhöht langfristig die Resilienz heimischer Infrastruktur.

Was bedeutet das Projekt für dich und deine Forschung?
Aus meiner Sicht konnten wir mit dem Projekt einen substanziellen Beitrag zur digitalen Souveränität Deutschlands leisten. Darüber hinaus konnten wir mit unseren Ideen auch internationales Publikum fachlich überzeugen und brauchen dabei den Vergleich mit Konkurrenzsystemen nicht zu scheuen. Insbesondere freut mich, dass die Ergebnisse von FOSSIL den Sprung zur industriellen Anwendung meistern konnten.
Nicht zuletzt wurde meine wissenschaftliche Tätigkeit durch die Förderung überhaupt erst ermöglicht. Somit ist das Projekt auch für meine persönliche Karriere von Bedeutung.
Auch wenn das Projekt FOSSIL abgeschlossen ist, bleiben seine Ergebnisse relevant – sie liefern wertvolle Impulse für künftige Forschung und die Weiterentwicklung vertrauenswürdiger digitaler Systeme.